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SCHWINGUNGSSPEKTROSKOPIE – Fingerabdruck der Moleküle, Teil 2

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Einleitung

Dr. Adrian Brugger und das Berzelius-Team der
Pädagogischen Hochschule St.Gallen
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Teil 2 des  Berzelius-Laborjournals (BLJ) Schwingungs-spektroskopie dreht sich um die Raman-Spektroskopie, die wie die Infrarot (IR)-Spektroskopie auf der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie beruht. Im Gegensatz zur IR-Spektroskopie, bei der die Moleküle Licht absorbieren, handelt sich bei der Raman-Messung um eine Emissionsspektroskopie. Beide Verfahren liefern Einblicke in den Aufbau bzw. die Eigenschaften eines Materials und ergänzen sich teilweise. Die Raman-Spektroskopie erlaubt zerstörungsfreie Messungen, dies sogar durch Gebinde aus Glas oder Kunststoff. So können z. B. Spirituosen, die mit Methanol gestreckt sind, leicht identifiziert werden.

Die Raman-Spektroskopie ist ein wichtiges Hilfsmittel in der Forensik und der Qualitätskontrolle der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Auch für die Kriminalistik ist sie bedeutend, insbesondere im Bereich der Drogen- oder Sprengstoffanalytik.






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Raman-Spektroskopie

Meldungen über tödliche Vergiftungen mit Methanol sind leider keine Seltenheit. Meistens handelt es sich um unsachgemäss hergestellte Spirituosen, die grössere Mengen Methanol enthalten.

Die Raman-Spektroskopie kann Leben retten
Mittels Raman-Technologie können methanolverseuchte Spirituosen identifiziert werden, und dies ohne eine Flasche zu öffnen.


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Zur Schwingungsspektroskopie gehört wie die IR- auch die Raman-Spektroskopie. Das Projekt Berzelius bietet ein portables Hightech-Raman-Gerät an, das nicht viel grösser als ein Smartphone ist. Zur Funktionsweise: Ein Laser schiesst auf die Probe. Im Spektrum des an der Probe gestreuten Lichts werden neben der eingestrahlten Frequenz (Rayleigh-Streuung) noch weitere Frequenzen wie die Raman-Streuung beobachtet. Dazu mehr auf den folgenden Seiten. Die Frequenzunterschiede zum eingestrahlten Licht entsprechen den für das Material charakteristischen Energien von Rotationen und Schwingungen der Moleküle. Aus dem erhaltenen Spektrum lassen sich, ähnlich dem IR-Spektrum, Rückschlüsse auf die untersuchte Substanz ziehen. Die physikalischen Grundlagen und die Anregung der Probe sind jedoch unterschiedlich.

Der österreichische Physiker Adolf Gustav Stephan Smekal (1895–1959) sagte den Raman-Effekt bereits 1923 voraus. Es war aber der indische Physiker Chandrasekhara Venkata Raman (1888–1970), der ihn 1928 erstmals nachweisen konnte. Dafür erhielt er 1930 den Nobelpreis der Physik.  
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Transmission
Wird eine Probe mit intensivem Laserlicht bestrahlt, durchdringt der grösste Teil des Lichts die Probe. 

Wie ein Laser funktioniert, erfährst du im Film von planet.schule.de.


Rayleigh-Streuung
Die bestrahlte Substanz streut einen sehr kleinen Anteil des Laserlichts in alle Raumrichtungen. Die Frequenz des Streulichts entspricht der des eingestrahlten Laserlichts. Bei der  Rayleigh-Streuung handelt es sich um elastische Zusammenstösse zwischen Photonen und Materie, bei denen keine Energie übertragen wird. Die Streuung wurde nach ihrem Entdecker, dem englischen Physiker John William Strutt, 3. Baron Rayleigh (1842–1919), benannt. Er erhielt 1904 den Nobelpreis für Physik. 

Was die Rayleigh Streuung mit dem blauen Himmel zu tun hat, erfährst du in diesem Film von planet.schule.de.

Raman-Streuung
Ein noch viel geringerer Teil des eingestrahlten Lichts wird dagegen unelastisch gestreut. Dabei erfolgt eine Energie-übertragung des Lichts auf die Materie (Stokes-Streuung) und seltener auch umgekehrt (Anti-Stokes-Streuung). Dieses Phänomen heisst Raman-Streuung. 
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Ein Laser (Wellenlängen zwischen 400 und 1100 nm) trifft mit monochromatischem Licht – das ist elektromagnetische Strahlung mit einer definierten Frequenz bzw. Wellenlänge – auf eine Messprobe. Die Wahl der Wellenlänge und die Intensität des Laserlichts hängen von der Applikation ab. 

Unelastische Streuung
Bei der unelastischen Streuung überträgt ein kleiner Teil des eingestrahlten Lichts – ca. 1 von 10'000'000 Photonen – Energie auf die Teilchen der Stoffprobe, die dadurch in Schwingung versetzt werden. Das Streulicht entsteht also durch Absorption und Re-Emission von Photonen in Kombination mit Schwingungsanregung. Da das gestreute Licht Energie abgegeben hat, ist es energieärmer, hat also eine kleinere Frequenz als das eingestrahlte.  Bei Wechselwirkung mit bereits angeregten Molekülschwingungen kann die Lichtstreuung auch mit einer Abgabe von Schwingungsenergie an die gestreuten Photonen verbunden sein. Das Streulicht hat dann eine höhere Frequenz als das eingestrahlte Licht.

Die Verschiebung der Wellenlänge des gestreuten gegenüber dem eingestrahlten Licht ist die Raman-Verschiebung (engl. Raman shift). Das Streulicht wird z. B. mit einem Prisma in die einzelnen Wellenlängen aufgespalten und von einem Detektor aufgezeichnet. Anschliessend berechnet das Gerät aus diesen Daten das Raman-Spektrum.

Die Funktionsweise eines Prismas erklärt simpleclub hier.


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Das folgende Video ist inspiriert vom Webinar der Firma Metrohm zur Raman-Technologie vom 07.02.2023. 

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Wie bei der IR- existieren auch bei der Raman-Spektroskopie charakteristische Bereiche. Die Fingerprint-Region (400–1800 cm ̄ ¹) dient dem Identifizieren von unbekannten oder Verifizieren von bekannten Substanzen. 
Die Schwingungen der funktionellen Gruppen weisen typische Raman-Verschiebungen bei Wellenzahlen oberhalb von 1500  cm ̄ ¹ auf. So zeigt die  C=O-Streckschwingung eine Bande zwischen 1700 und 1730 cm ̄ ¹. Dieser Bereich ist typisch für alle Moleküle mit einer Carbonylgruppe, wie z. B. Ketone und Aldehyde. Die Region unterhalb 400  cm ̄ ¹ ermöglicht die Analyse von Mineralien, Edelsteinen, Metallen und Halbleitern.
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Neben den Schwingungen der funktionellen Gruppen erscheinen Gerüstschwingungen der C–C-Bindungen von cyclischen Kohlenstoffverbindungen (Ringen) im Raman-Spektrum wesentlich stärker als im IR-Spektrum. Diese Skelett-Schwingungen befinden sich meistens bei Raman-Verschiebungen unterhalb von 1500 cm ̄ ¹. Sie haben stoffspezifische Muster. Man nennt diese Region deshalb Fingerprint-Region. Sie ist von grosser Bedeutung bei der Identifikation von Stoffen. Mit geeigneten Algorithmen kann die Fingerprint-Region mit Spektren aus einer Datenbank abgeglichen und ein Stoff mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit identifiziert werden.

Quelle:  Basics of Raman spectroscopy (anton-paar.com)
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Funktionelle Gruppen wie die Cyanogruppe der Nitrile (vgl. Hintergrundbild) oder die Carbonylgruppe der Aldehyde bestimmen die typischen Eigenschaften von Stoffen. Die Schwingungen dieser Gruppen erscheinen in einem Raman-Spektrum bei charakteristischen Raman-Verschiebungen. Diese Verschiebungen sind typisch für Moleküle, welche die gleiche funktionelle Gruppe aufweisen. Spezifische Raman-Banden ermöglichen die Zuordnung einer unbekannten Substanz in eine spezifische Stoffklasse. So zeigt die Cyano-Gruppe (CN) von Benzonitril im Raman-Spektrum eine charakteristische Bande bei 2229 cm ̄ ¹.

Quelle: Basics of Raman spectroscopy (anton-paar.com)
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  • In Raman-Spektren erscheint die Intensität des Raman-Signals als Funktion der Wellenzahl.
  • Die Intensität des Raman-Signals entspricht der Anzahl der gemessenen Photonen pro Zeiteinheit. Sie hängt von der Dauer der Messung, der Stärke des Lasersignals und von der Probenkonzentration ab.
  • Quantitative Messungen müssen bei gleicher Messdauer und Laserstärke erfolgen. 
  • Die Wellenzahl ist wie bei der IR-Spektroskopie der Kehrwert der Wellenlänge. Die Einheit ist cm⁻¹.
  • Die Wellenzahl ist proportional zur Frequenz und zur Energie der Strahlung.
  • Der Bereich eines Raman-Spektrums liegt meist zwischen den Wellenzahlen 400 und 4000  cm⁻¹; die Skala ist linear.
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Die Raman-Spektroskopie bietet gegenüber der IR-Spektroskopie eine Reihe von Vorteilen, da Laserlicht im sichtbaren oder nahem Infrarot-Bereich (NIR) verwendet wird. Hier einige davon:

  • Glasküvetten können als Probengefässe verwendet werden, da Glas durchlässig ist für sichtbares Licht.
  • Aufsatzlinsen ermöglichen die Analyse von Materialien direkt oder in ihren Glas- oder Kunstoffgefässen.
  • Durch Verwenden flexibler, langer Quarzglasfaserkabel können gefährliche Stoffe wie Sprengstoffe auf Distanz untersucht werden.
  • Im Gegensatz zur IR-Spektroskopie sind Raman-Banden von Wasser sehr intensitätsschwach, was Messungen in wässrigen Lösungen ermöglicht.
  • Untersuchen und Verfolgen (Monitoring) von chemischen Reaktionen durch Einführen von Raman-Sonden in ein Reaktionsgemisch oder auch Messen durch ein Fenster: Daher keine  Verschmutzung des Probenstroms.  
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Beide Technologien haben ein breites Anwendungsfeld in Industrie und Forschung, besonders im Bereich der Pharmazie und der Forensik, von der Qualitätssicherung bis zur Drogenanalytik. Die Wahl des Messgeräts hängt dabei von stoffspezifischen Eigenschaften und dem Verwendungszweck ab.

Hinweis:
Unpolare funktionelle Gruppen sind z.B. C=C-Doppelbindungen, polare C=O-Doppelbindungen.
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Bedienung Mira M-3

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Anwendungen

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Autor: Dr. Adrian Brugger

Editor-in-Chief und Projektleiter: Dr. Alfred Steinbach

Berzelius-Editorial-Team in alphabetischer Reihenfolge:
Dr. Adrian Brugger, Marianne Leuenberger, Dr. Martin Novotny, Markus Roth, Dr. Alfred Steinbach, Eva Steingruber, Dominik Tschirky, Patrick Massen (Medienwerkstatt.PHSG).

Berzelius – Im Hightech-Labor der Naturwissenschaften ist ein gemeinsames Projekt des Instituts Fachdidaktik Naturwissenschaften der PHSG und der Metrohm Stiftung


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Methanol gehört wie der Trinkalkohol Ethanol zur Stoffklasse der Alkohole. Er ist auch als Methylalkohol oder Holzgeist bekannt. Allerdings ist Methanol wesentlich giftiger als Ethanol.

Äusserlich sieht man es diesen Spirituosen nicht an, ob sie Ethanol oder das viel giftigere Methanol enthalten. Auch vom Geschmack her, ist eine Unterscheidung kaum möglich.

Eine Möglichkeit des Panschens ist  die Herstellung von Spirituosen mit im Vergleich zu Ethanol billigerem Methanol. Eine andere Form ist die illegale Beimischung von Methanol, um den Alkoholgehalt und die berauschende Wirkung des Getränks zu steigern. Immer wieder kommt es zu tödlichen Vergiftungen.
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Darf man aus diesem «Flachmann»  ohne Gefahr trinken?



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Diese Frage kann mit dem portablen Mira M-3 Raman-Spektrometer in kürzester Zeit beantwortet werden, und dies ohne eine Flasche zu öffnen. Aufgesetzte Linsen ermöglichen das Identifizieren von Stoffen, sogar durch Gebinde wie Glas oder Kunststoffe. 

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Die Raman-Spektren von Methanol CH₃-OH und Ethanol CH₃-CH₂-OH unterscheiden sich deutlich. Die Bande bei einer Wellenzahl von 885 cm ̄ ¹ ist typisch für die C-C-Streckschwingung im Ethanolmolekül. Sie fehlt logischerweise im Methanolspektrum. Markant ist dafür die Bande der C-O-Streckschwingung bei der Wellenzahl von 1036 cm ̄ ¹ im Methanolmolekül.
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Das Spektrum der unbekannten Spirituose im «Flachmann» wurde mit dem portablen Mira M-3 mittels Vorsatzlinse direkt durch die Glasflasche erstellt.

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Die Auswertesoftware Mira Cal P gleicht nun das gemessene Spektrum mittels spezifischer Algorithmen mit Referenzspektren der Datenbank ab. Das Ergebnis ist eindeutig: Diese Spirituose enthält Methanol statt Ethanol. Der Übereinstimmungswert mit einer 40-prozentigen methanolischen Lösung beträgt 0.96. Dieser Wert liegt nahe beim Maximum von 1. 


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Bekannt war Methanol schon in der Antike. Die Ägypter erhielten Methanol durch Pyrolyse von Holz (Holzgeist) und balsamierten ihre Toten mit methanolhaltigen Substanzgemischen. Der irische Chemiker Robert Boyle (1627–1691), der mit seiner Elementdefinition 1661 in «The Sceptical Chymist» die moderne Chemie einläutete, erhielt mittels trockener Destillation von Buchsbaumholz im gleichen Jahr erstmals Methanol.
In der Atmosphäre kommt Methanol gasförmig  in Konzentrationen von 0.1 bis 10 ppb (parts per billion oder µg/L) vor. Methanol ist nach Methan das zweithäufigste organische Gas in der Erdatmosphäre. Methanol ist eine wasserklare Flüssigkeit mit einem Siedepunkt von 65 °C. Es mischt sich in beliebigen Verhältnissen mit Wasser oder Ethanol. Methanol wird leicht über die Haut oder die Atemwege resorbiert. Es verbrennt mit blauer, fast unsichtbarer Flamme. Der Flammpunkt – das ist die Temperatur, bei der ein Stoff brennbare Gase entwickelt – liegt bei 11°C. Methanoldämpfe bilden mit Luft explosionsfähige Gemische. Methanol ist ein Energieträger und ein wichtiger Ausgangsstoff für Synthesen in der chemischen Industrie. Es ist u. a. Edukt zur Herstellung von Formaldehyd, Essigsäure, MTBE (Methyl-tertiär-butylether, ein Antiklopfmittel in Benzin) oder Methacrylsäuremethylester, ein wichtiger Ausgangsstoff für Acrylgläser und Klebstoffe.
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Ethanol ist der Trink- oder Genussalkohol. Er entsteht in der Natur durch die anaerobe alkoholische Gärung. Die Gärung ergibt Alkoholgehalte von maximal 20 %; höhere Konzentrationen liefert die Destillation. Der Siedepunkt beträgt 78 °C. Ethanol ist eine wasserklare, brennbare und leicht entzündliche Flüssigkeit, die sich mit vielen Lösungsmitteln gut mischt. Mit Wasser ist es in jedem Verhältnis mischbar. In Spirituosen ist Ethanol meist zwischen 40 und 80, in Wein zwischen 8 bis 15 Volumenprozent enthalten.
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Das Ethanol aus alkoholischen Getränken wird im gesamten Verdauungstrakt aufgenommen. Dies beginnt in geringem Umfang bereits in der Mundschleimhaut. Etwa 20 % werden im Magen resorbiert, der Rest im Dünndarm. Der in Magen und Darm aufgenommene Alkohol gelangt zunächst mit dem Blut in die Leber, wo er teilweise abgebaut wird. Blut verteilt den Alkohol über den ganzen Körper bis ins Gehirn. Faktoren, welche die Durchblutung steigern, beispielsweise Wärme in Irish Coffee, Zucker in Likör oder Kohlendioxid in Sekt, beschleunigen die Aufnahme von Alkohol, während Fett sie verlangsamt.
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Die Leber baut Alkohole nach der Resorption durch Enzyme ab. Im Falle des Trinkalkohols Ethanol entstehen durch Oxidation Acetaldehyd und im nächsten Schritt Essigsäure. Letztere wird dann im Citronensäurezyklus und der Atmungskette unter Energiegewinnung zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut. Leider zeigt eine Vergiftung durch Methanol zunächst keine anderen Symptome als ein normaler Rausch durch Ethylalkohol: Müdigkeit, Kopfschmerzen und Übelkeit. Die Oxidation von Methanol führt aber zum giftigen Formaldehyd, das zur Ameisensäure oxidiert wird. Ameisensäure führt nach einer häufig symptomlosen Latenzzeit von 6 bis 30 Stunden nach Methanolaufnahme zur Ausbildung einer lebensbedrohenden metabolischen Acidose, da sie vom menschlichen Stoffwechsel nur sehr langsam abgebaut wird. Dosen von 0.1 g Methanol pro kg Körpergewicht sind bereits gefährlich, über 1 g pro kg Körpergewicht lebensbedrohlich. Die Vergiftungssymptome einer Methanolintoxikation verlaufen in drei Phasen.

  • Direkt nach Aufnahme von Methanol zeigt sich wie beim Ethanol ein narkotisches Stadium, die berauschende Wirkung ist jedoch geringer. 
  • Nach der häufig asymptomatischen Latenzphase treten Kopfschmerzen, Schwächegefühl, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, beschleunigte Atmung auf – die Folgen der sich ausbildenden metabolischen Acidose. Charakteristisch ist die Schädigung von Nerven, insbesondere am Auge. Netzhautödeme bedingen ein nur noch verschwommenes Sehen und können zur irreversiblen Erblindung führen. 
  • Zuletzt kann dann noch eine tödliche Atemlähmung auftreten.    

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Die Behandlung einer Methanolintoxikation erfolgt über die Unterbindung des Methanolabbaus, z. B. durch Verabreichen von Ethanol (0.7 g Ethanol pro kg Körpergewicht) oder Fomezipol (4-Methylpyrazol). Beide Substanzen unterbinden die Metabolisierung (Verstoffwechslung) von Methanol. Der Abbau der Ameisensäure kann durch Gaben von Folsäure gefördert werden. Natriumhydrogencarbonat neutralisiert die gebildete Ameisensäure. Eventuell wird eine Hämodialyse notwendig. Die Behandlung ist bis zum Absinken des Blutmethanolgehalts unter einen bestimmten Grenzwert notwendig.
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Alkoholische Getränke sind in der Schweiz beliebt. So wurden im Jahr 2020 in der Schweiz pro Kopf die folgenden Mengen getrunken:

  • 31.5 Liter Wein
  • 1.6 Liter Obstwein, 
  • 52.8 Liter Bier 
  • 3.8 Liter Spirituosen

Umgerechnet in reinen Alkohol waren dies 7.6 Liter! Dies ist ein deutlicher Rückgang des Konsums alkoholischer Getränke verglichen mit 1900, als jeder Bewohner der Schweiz 16.5 Liter reinen Alkohol in einem Jahr konsumierte. Im Detail: 88.8 Liter Wein, 28.1 Liter Obstwein, 61.6 Liter Bier und 7.2 Liter Spirituosen.  

Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung
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Am 1. Oktober 2016 führte die Schweiz die beweissichere Kontrolle durch Messung des Atemalkoholgehalts ein. Seither ist bei polizeilichen Alkoholkontrollen im Strassenverkehr nur noch in Ausnahmefällen eine Blutprobe nötig. Gemessen wird nicht mehr der Blutalkoholgehalt, sondern die Menge Alkohol in der Atemluft. Die Geräte zeigen keine Promillewerte  (Gramm Alkohol pro Kilogramm Blut) mehr an, sondern Milligramm Alkohol pro Liter Atemluft. Damit ändern sich auch die Werte: Was bisher 0.50 Promille Blutalkohol waren, sind ab jetzt 0.25 Milligramm Alkohol pro Liter Atemluft; 0.8 Promille entsprechen 0.4 Milligramm pro Liter. Eine «Halbierung» der Grenzwerte, die aber faktisch der gleichen Menge an konsumierten Alkohol entspricht.

Zur Messung: Zwei unterschiedliche und unabhängige Sensoren bestimmen die Konzentration des Alkohols in einer Atemprobe. Ein Infrarotsensor misst die Absorption von Ethanol in der Atemluft – das ist eine physikalische Methode –, während ein elektrochemischer Sensor chemische Reaktionen verwendet. Die Werte der physikalisch und chemisch gemessenen  Atemalkoholkonzentrationen müssen in engen Grenzen übereinstimmen.
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Schon geringe Mengen Alkohol führen zu einer enthemmenden Wirkung und zu einer Steigerung der Redseligkeit. Der Konsum von 0.7 bis 1 Liter Bier oder 0.5 Liter Wein führt zu einem Blutalkoholspiegel von 0.5 bis 1 ‰ und einem «Schwips» mit Enthemmung und Selbstüberschätzung.  Die  Reaktionsfähigkeit lässt stark nach. Nach dem Konsum von etwa 1.7 bis 3 Liter Bier oder 1 bis 1.5 Liter Wein ist eine deutliche Betrunkenheit sichtbar. Es beginnt eine Ataxie (Störung der Bewegungskoordination), verminderte Sehleistung, mit teilweise aggressivem Verhalten. Ein Alkoholpegel von 2 bis 3 ‰ führt zu Trunkenheit, Rausch, starker Ataxie (Schädigung von Nervenzellen), Denk- und Orientierungsstörungen sowie später teils zur Amnesie (Gedächtnisverlust). Noch höhere Konzentrationen führen zu schwerem Rausch, Benommenheit bis zur Bewusstlosigkeit, Aspiration (Eindringen von Erbrochenem in den Atemwege) und Unterkühlung. Bei Menschen, die nicht an regelmässig grössere Alkoholmengen gewöhnt sind, kann es zum Tod durch Atemlähmung kommen. Ein Blutalkoholspiegel von 6 bis 8 ‰ ist auch für schwere Alkoholiker meist tödlich. 
Alkoholmissbrauch schädigt diverse Organe. Bei Alkoholismus werden vor allem Leber (Leberverfettung und Leberzirrhose) und Gehirn (Absterben von Neuronen) geschädigt.
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Panadol

Paracetamol ist ein bekanntes Schmerzmittel und fiebersenkendes Medikament. Die Bezeichnung Paracetamol leitet sich vom chemischen Namen para-(Acetylamino)phenol ab. Der Chemiker Harmon Northrop Morse (1848–1920) stellte die Substanz erstmals 1878 aus p-Nitrophenol in Eisessig her. Im Rahmen der Selbstmedikation diente Paracetamol in den 1950er Jahren als Monopräparat oder Bestandteil verschiedener Kombipräparate zur symptomatischen Behandlung von Erkältungsbeschwerden und Schmerzen. Neben Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure (Aspirin) zählen Präparate mit Paracetamol weltweit zu den gebräuchlichsten Schmerzmitteln.  Paracetamol steht seit 1977 auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsbehörde (World Health Organization, WHO).

Maturaarbeit: Paracetamol-Synthese inklusive Analytik
Paracetamol kann leicht aus 4-Aminophenol (auch p-Aminophenol) und Acetanhydrid hergestellt werden. Also die ideale Synthese für ein Schülerlabor und unser Mikrowellensynthesegerät. Ein Schüler von der Kanti Reussbühl, Timo Schweizer, hat in seiner Maturaarbeit Paracetamol synthetisiert, einmal klassisch unter Rückfluss und dann in wenigen Minuten im Mikrowellensynthesegerät. Dann verglich er die beiden Synthesen miteinander. Dazu analysierte er die Produkte mittels Schmelzpunktanalyse, Dünnschichtchromatographie sowie über FT-Infrarotspektroskopie. Das Raman-Spektrometer Mira M-3 hatten wir da leider noch nicht im Angebot.

In einem sehr aufschlussreichen Interview erzählt euch Timo Interessantes zu seiner tollen Arbeit. Empfehlenswert für alle, die sich für unsere Hightech-Geräte und eine Maturaarbeit interessieren.
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Paracetamol kann leicht durch Umsetzen von 4-Aminophenol (auch p-Aminophenol) mit Acetanhydrid hergestellt werden. Schlüsselbanden ermöglichen die Beurteilung des Syntheseerfolgs.

Worin unterscheiden sich 4-Aminophenol und Paracetamol strukturell?
Suche die entscheidenden funktionellen Gruppen. Diese zeigen im Raman-Spektrum charakteristische Banden, die sogenannten Schlüsselbanden. 

Hinweis: Funktionelle Gruppen sind reaktionsfähige Atome oder Atomgruppen, die den spezifischen Charakter einer Verbindung ausmachen.
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Das Produkt Paracetamol (blaues Spektrum) enthält im Gegensatz zum Edukt 4-Aminophenol (rotes Spektrum) eine Amid-Gruppe –CO–NH–, welche charakteristische Banden im Raman-Spektrum aufweist. Die C=O-Streckschwingung zeigt eine Bande bei einer Wellenzahl von ca. 1670 cm ̄ ¹ (rot hinterlegt). Neu erscheint im Produkt auch eine Bande für die C–N–H-Streckschwingung bei ca. 1550 cm ̄ ¹ (braun hinterlegt). Edukt wie Produkt zeigen Banden bei ca. 1630 cm ̄ ¹ (grün hinterlegt) für die C=C-Streckschwingung des Benzolrings oder der CH-Streckschwingung bei ca. 1160 cm ̄ ¹ (blau eingefärbt). Der Erfolg der Synthese kann anhand dieser Schlüsselbanden gut beurteilt werden. 
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Das Handelspräparat Panadol Extra enthält Paracetamol und Coffein. Nach der oralen Einnahme wird Paracetamol rasch im Magen-Darm-Trakt resorbiert. Es zeigt antipyretische (fiebersenkende) und analgetische (schmerzstillende) Wirkung. Paracetamol hemmt die Bildung der Prostaglandine, die Schmerzempfinden und Fieber bewirken. Die Dosierung für Erwachsene beträgt bis zu 4 mal täglich zwischen 0.5 und 1 g. Bereits nach 30 bis 60 Minuten erreicht die Konzentration im Blut ihr Maximum. Die Halbwertszeit im Plasma liegt bei 1 bis 3 Stunden. Die Halbwertszeit für die Elimination beträgt 2 Stunden. Der Abbau von Paracetamol erfolgt vor allem in der Leber, wo der grösste Teil durch Verbindung mit Sulfat oder Glucoronsäure inaktiviert und dann über die Nieren ausgeschieden wird.
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Glucose oder Fructose

Glucose (Traubenzucker) und Fructose (Fruchtzucker) sind Monosaccharide (Einfachzucker). Beide sind weisse kristalline Substanzen mit süssem Geschmack. Glucose und Fructose kommen in der Natur vor allem in Früchten und Gemüsen sowie in Honig vor.


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Glucose und Fructose sind Isomere*: Das heisst, sie haben die gleiche Summenformel – C₆H₁₂O₆ –, aber eine unterschiedliche Strukturformel. Glucose enthält eine Aldehyd-, Fructose eine Keto-Gruppe.

Die beiden Monosaccharide sollten mit der Fehling-Reaktion, mit der die Aldehyd-Gruppe nachgewiesen wird,  unterscheidbar sein. Fructose enthält zwar keine Aldehyd-Gruppe, zeigt aber trotzdem eine positive Fehling-Reaktion, weil sie in alkalischem Milieu in Glucose umgewandelt werden kann.

Die Raman-Spektroskopie ermöglicht die Unterscheidung der beiden Monosaccharide.

*Auch der Begriff Isomerie stammt von unserem Namensgeber Jöns Jakob Berzelius. Auf die Idee der Existenz der Isomerie kam der deutsche Forschungsreisende Alexander von Humboldt (1769–1859). 1824 zeigten dann die Chemiker Wöhler und Liebig, beides Freunde von Berzelius, dass Knallsäure und Cyansäure die gleiche Zusammensetzung haben. Berzelius bewies 1829/30, dass Wein- und Traubensäure die gleiche Summenformal haben, worauf er 1830 den Begriff der Isomerie einführte.
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Mittels Raman-Spektroskopie kann schnell zwischen diesen beiden Zuckern unterschieden werden. Die Spektren unterscheiden sich stark und  erlauben eine sichere Unterscheidung.
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Bestimmen von Konzentrationen

Mit sinkender Konzentration nimmt die Intensität der Raman-Bande der C-C-Streckschwingung bei der Wellenzahl von 885 cm ̄¹ inear ab. Diese Bande eignet sich sehr gut zur Bestimmung der Ethanolkonzentration in Getränken.
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Die Raman-Bande der C-C-Streckschwingung von Ethanol CH₃-CH₂-OH erscheint bei einer Wellenzahl von 885 cm ̄ ¹. 
Sie eignet sich sehr gut für quantitative (mengenmässige) Analysen, da in der Raman-Spektroskopie ein linearer Zusammenhang zwischen der Intensität der Raman-Banden und der Konzentration des für die Bande verantwortlichen Stoffes besteht. Dies gilt nur unter gleichen Messbedingungen, also bei gleicher Integrationszeit des Raman-Signals und gleicher Intensität des Laserlichts. Anhand einer Kalibriergeraden kann der Alkoholgehalt von Spirituosen ermittelt werden.

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Die eingezeichneten Messpunkte zeigen die Intensität der Raman-Bande bei 885 cm ̄ ¹ als Funktion der Verdünnung von alkoholischen Lösungen. Zwischen der Ethanolkonzentration in Volumenprozent und der Intensität der Raman-Bande besteht ein linearer Zusammenhang. Dieser lässt sich durch die allgemeine Geradengleichung y = mx + b beschreiben (m ist die Steigung der Gerade, b der Achsenabschnitt). Der Determinationskoeffizient R² ist ein Mass, wie «eng» gestreut die Datenpunkte um die Gerade liegen. Der Wert vom 0.9935 liegt sehr nahe beim Wert einer perfekten Geraden
mit R² =1.

Die Raman-Spektroskopie ermöglicht so z. B. bei der Destillation von Wein die Bestimmung des Alkoholgehaltes der einzelnen Fraktionen. Die Intensität des Raman-Signals ist unter gleichen Messbedingungen ein Mass für die Alkoholkonzentration. 
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Bier enthält neben Wasser und Alkohol auch Kohlenhydrate, Eiweisse sowie lösliche Ballaststoffe. Zusätzlich finden sich im Bier Spurenelemente, Vitamine und weitere physiologisch bedeutsame Inhaltsstoffe: 
  • Vitamine der B-Gruppe: Thiamin (B1), Riboflavin (B2), Pyridoxin (B6), Cobalamin (B12), Niacin, Folsäure und Pantothensäure
  • Mineralstoffe: Der hohe Kalium- und der niedrige Natriumgehalt sind ernährungsphysiologisch vorteilhaft; das enthaltene Silizium kann vom Körper gut aufgenommen werden.
  • Antioxidantien: Sie schützen Körperzellen vor freien Radikalen, verlangsamen die Zelloxidation und wirken entzündungshemmend sowie potenziell krebsvorbeugend.
  • Hopfenbitterstoffe: Xanthohumol, ein bioaktiver Hopfeninhaltsstoff, zeigt starke antioxidative Eigenschaften. Hopfen wird seit Langem in der Pflanzenheilkunde verwendet.
  • Lösliche Ballaststoffe: Sie stammen aus den Zellwänden der Braugerste.
  • Isotonischer Charakter: Vor allem alkoholfreies Bier eignet sich daher als regenerierendes Getränk für Sportler.

Der Alkohol im Bier ist also in einer komplexen Matrix eingebunden. Deshalb ist die Bestimmung des Alkoholgehalts an Hand der C-C-Streckschwingung bei ca. 880 cm ̄ ¹ wesentlich anspruchsvoller als bei Spirituosen wie Whisky, die durch Destillation gewonnen worden. 
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Hier die Definition aus Artikel 63 der Verordnung des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) über Getränke:

  1. Bier ist ein alkoholisches, kohlensäurehaltiges Getränk aus Wasser, gemälztem oder nicht gemälztem Getreide, Hefe und Hopfen, das durch alkoholische Gärung gewonnen wird. Es können auch weitere Zutaten verwendet werden.
  2. Der Begriff «Hopfen» umfasst auch die Hopfenextrakte.

Bier ist aber viel mehr …

Bier ist für viele Menschen der Inbegriff von Geselligkeit und Genuss. Dabei ist den wenigsten bewusst, dass sie mit einem Glas Bier auch ein Stück Kulturgeschichte in der Hand halten. Die Anfänge des Bieres reichen weit bis in die Zeit vor Christus zurück, oder wie wir heute neutraler sagen: vor der Zeitrechnung (v. d. Z.).

Wann genau das Bier «erfunden» wurde, lässt sich kaum bestimmen – denn Menschen aus verschiedensten Kulturen brauten über Jahrtausende hinweg fermentierte Getreidegetränke. Die Sumerer in Mesopotamien gelten als frühe Brauer: Bereits um 3000 v. d. Z. stellten sie bierähnliche Getränke her. Auch im alten Ägypten spielte Bier eine bedeutende Rolle: Der Gott Osiris galt als Erfinder des Gerstenbieres und wurde als solcher verehrt.

Im Laufe der Geschichte trugen zahlreiche Kulturen – darunter Griechen, Römer und Germanen – zur Weiterentwicklung des Brauprozesses und zur Verbreitung des Bieres bei.
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„Wir wollen auch sonderlichen, das füran allenthalben in unnsern Steten, Märckten und auf dem Lannde, zu kainem Pier merer Stückh, dann allain Gersten, Hopffen unnd Wasser, genommen und gepraucht sollen werden.“

Die Urfassung legte fest, dass Bier nur aus Wasser, Malz und Hopfen gebraut werden darf. Weil die genaue Wirkungsweise der Hefe im Brauprozess damals noch nicht bekannt war, wurde sie anfangs nicht als Zutat angesehen, später aber ausdrücklich hinzugefügt. Das Reinheitsgebot, das am 23. April 1516 durch den bayerischen Herzog Wilhelm IV. und seinen Bruder Herzog Ludwig X. erlassen wurde, verfolgte ursprünglich drei Ziele:
  1. Die Menschen sollten vor überzogenen Bierpreisen geschützt werden.
  2. Weizen sollte ausschliesslich für die Produktion von Brot und nicht von Bier verwendet werden. 
  3. Die Zugabe von Zutaten, die dem Bier zwar eine gewisse Würze, Vollmundigkeit oder berauschende Wirkung verliehen, jedoch im Vergleich zu Hopfen und Malz minderwertig und oft sogar giftig waren, sollte verboten werden. Bierpanscher setzten ihrem Gebräu seinerzeit auch giftige Zutaten wie Stechapfel, Ruß oder Tollkirschen zu. 

Quelle: Entstehung - Deutscher Brauer-Bund
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Bier enthält Kohlendioxid, das während der Gärung entsteht. Die symmetrische C=O-Streckschwingung des CO₂ ist IR-inaktiv, jedoch Raman-aktiv. Sie zeigt sich im Raman-Spektrum als sehr intensives Signal bei etwa 1400 cm ̄¹ (rot markiert). Im Vergleich dazu ist das Signal der C-C-Streckschwingung von Ethanol bei ca. 880 cm ̄¹(blau markiert) deutlich schwächer. Um dieses schwache Signal zuverlässig zu detektieren, müssen wir das störende CO₂ zuvor entfernen. Am besten gelingt dies durch ein zehnminütiges Entgasen im Ultraschallbad.
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Um den Einfluss einer komplexen Matrix – wie sie beispielsweise in Bier vorkommt – zu minimieren, verwenden wir das Verfahren der Standardaddition. Dabei wird der zu bestimmende Analyt –  in diesem Fall Ethanol – in schrittweise steigender Konzentration einer definierten Menge Bier zugesetzt.

Anschliessend werden alle Lösungen mit destilliertem Wasser auf das gleiche Volumen aufgefüllt, um Vergleichbarkeit sicherzustellen. Die Raman-Messungen erfolgen unter konstanten Bedingungen, also bei gleicher Laserstärke und identischer Integrationszeit.

Im Idealfall ergibt sich eine lineare Beziehung zwischen der Raman-Signalintensität und der zugesetzten Ethanolkonzentration. Durch Extrapolieren dieser Kalibriergeraden auf die Konzentrationsachse lässt sich der ursprüngliche Ethanolgehalt der Bierprobe bestimmen, ohne dass die Matrix das Ergebnis verfälscht. 
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Zu identischen Bierproben geben wir unterschiedliche Mengen Ethanol zu und zeichnen anschließend Ramanspektren auf. Rechts sind die resultierenden Spektren im Bereich der C–C-Streckschwingung bei etwa 880 cm⁻¹ dargestellt. Unter konstanten Messbedingungen zeigt sich ein linearer Zusammenhang zwischen der zugegebenen Alkoholkonzentration und der Intensität des Raman-Signals in diesem Bereich.
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Bei der Methode der Standardaddition handelt es sich um eine sogenannte Aufstockkalibrierung. Dabei ist in jedem Messwert nicht nur die zugegebene, sondern auch die ursprüngliche unbekannte Konzentration das Analyten (hier: Ethanol im Bier) enthalten. Das bedeutet, dass die Kalibierfunktion deshalb gegenüber einer klassischen Kalibrierung um diesen unbekannten Wert entlang der x-Achse verschoben ist.  

Im vorliegenden Beispiel ergibt sich ein linearer Zusammenhang zwischen der zugegebenen Ethanolkonzentration (x) und der gemessenen Intensität des Raman-Signals (y) für die C-C-Streckschwingung. Die Regressionsgerade lässt sich durch folgende Gleichung beschreiben: 

y = 295.29 x + 451.6

Dabei beträgt die Steigung 295.29, der y-Achsen-abschnitt 451.6.
Der Determinationskoeffizient R² = 0.9881 zeigt, dass die Datenpunkte «eng» gestreut um die Gerade liegen – ein Indiz für eine hohe Präzision der Messung. 

Ohne zugeführten Ethanol beträgt der Wert von y = 0. Zur Bestimmung der ursprünglichen Ethanolkonzentration in der Probe ermitteln wir den Schnittpunkt der Regressionsgerade mit der x-Achse (also y = 0 gesetzt). Das ergibt:

0 = 295.29 x + 451.6 => x = -451.6/295.29 = -1.5 %
Da wir das Bier beim Aufstocken um den Faktor 2 verdünnt haben, müssen wir den Wert mit dem Faktor 2 multiplizieren, also 3 %. 

Dieser Wert von 3 % liegt deutlich unter dem auf der Flasche deklarierten Alkoholgehalt von 4.8 %. Die Abweichung lässt sich durch Matrixeffekte erklären: Die Biermatrix enthält zahlreiche stark fluoreszierende Substanzen wie Riboflavin, Polyphenole oder Aromastoffe. Diese können das Raman-Signal erheblich überlagern.

Hinweis:  Fluoreszenz ist ein optisches Phänomen, bei dem bestimmte Moleküle (Fluorophore) nach Bestrahlung mit Licht einer bestimmten Wellenlänge (Anregung) selbst Licht mit einer längeren Wellenlänge (Emission) abgeben. Diese überlagert häufig schwache Raman-Signale – ein typisches Problem bei biologischen oder komplexen Proben wie Bier. Mehr dazu gibt es hier.


 
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Die Raman-Spektroskopie eignet sich sehr gut zur Identifikation von Kristallen, Mineralien, Edelsteinen, Metallen oder Halbleitern. 
Eine ebene Fläche des Kristalls sollte möglichst dicht auf der Messzelle liegen. Diese Position ergibt die beste Ausbeute an reflektiertem Licht. Bei anderen Ausrichtungen ist die Lichtausbeute geringer und die Messzeit länger bzw. das Raman-Signal schwächer.
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Die Übereinstimmung zwischen dem gemessenen Spektrum und demjenigen aus der Bibliothek ist gut: Eine Übereinstimmung von 0.92. Das ist nahe beim Maximum von 1. Es handelt sich somit beim untersuchten blauen Kristall mit grosser Wahrscheinlichkeit um Kupfer(II)-sulfat-Pentahydrat  CuSO₄ ∙ 5 H₂O.
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Wasserfreies Kupfer(II)-sulfat, früher auch Kupfervitriol genannt, ist das Kupfersalz der Schwefelsäure. Dieses Salz gehört zur Stoffgruppe der Sulfate. Es besteht aus Cu²⁺- und (SO₄)²⁻-Ionen. Es ist ein weisser, unbrennbarer Feststoff, der sehr gut wasserlöslich ist. Wasserfreies Kupfer(II)-sulfat färbt sich in Kontakt mit Wasser blau (vgl. die Abbildung rechts). Kristallwasserhaltige Kupfersulfate, wie zum Beispiel das Kupfer(II)-sulfat-Pentahydrat, haben eine blaue Farbe.

Diese Blaufärbung dient dem Nachweis von Wasser mit Watesmo-Papier.

Film zum Wassernachweis mit Watesmo-Papier.
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Alkoholische Getränke können grössere Mengen an Methanol enthalten. Immer wieder kommt es nach dem Konsum von methanolhaltigen Spirituosen zu tödlichen Vergiftungen. Die Raman-Technologie ermöglicht den qualitativen und quantitativen Nachweis von Methanol in alkoholischen Getränken.
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Die Aufsatzlinsen des portablen Raman-Spektrometers                Mira M-3 erlauben die Aufnahme von Raman-Spektren durch ein Gebinde wie Glas. Mit dieser Messmethode kann beispielsweise bestimmt werden, ob ein Getränk mit Methanol gestreckt wurde oder nicht.

Hinweis: Bei Verwenden der Ausatzlinsen ist die Laserbrille aufzusetzen!
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Wir setzten sechs Mischungen von Ethanol-Methanol und Wasser mit einer Totalkonzentration an Alkohol von 40 Volumenprozent (Vol.-%) an. Dies bedeutet, dass 1 Liter mit dieser Konzentration 400 Milliliter Alkohol (Ethanol und/oder Methanol) enthält. Die Konzentration an Methanol betrug jeweils: 0, 1.4, 7, 14, 28 und 40 Vol.-%. Die Konzentration an Ethanol ergibt sich aus der Differenz von 40 und der Volumen-Konzentration an Methanol. Anschliessend wurde bei gleicher Laserstärke und Messdauer das Raman-Spektrum dieser Mischungen aufgenommen und die Vol.-% Alkohol gegen die Intensität des  Raman-Signals bei 1022 cm ̄ ¹ aufgetragen.

Das Bestimmtheitsmass (Determinationskoeffizient) R² der Kalibriergerade liegt mit 0.994 nahe beim Wert 1.00 für eine perfekte Gerade. Der Zusammenhang des Raman-Signals mit der Volumenkonzentration kann somit gut mit einer Geradengleichung  beschrieben werden.
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Beim blauen Spektrum handelt es sich um eine 40 %ige Lösung von Methanol in Wasser ohne Ethanol. Bei diesem Spektrum fehlt logischerweise die Bande der C-C-Streckschwingung bei einer Wellenzahl von 885 cm ̄ ¹. In Anwesenheit von Ethanol erscheint diese Bande (siehe rote Kurve, wässrige Lösung von 26 % Ethanol und 14 % Methanol). Die Bande um 1022 cm ̄ ¹ ist typisch für Methanol. Sie ist mit einem Pfeil markiert. Diese Bande ermöglicht die Bestimmung von Methanol in alkoholischen Getränken.
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Das Raman-Spektrum des untersuchten Rums ist praktisch identisch wie das einer Mischung von 24 Volumenprozent Ethanol und 16 Volumenprozent Methanol in Wasser aus der Datenbank. Der Übereinstimmungswert von 0.90 – bei einem Maximum von 1 –  zeigt deutlich, dass der Rum mit Methanol gestreckt wurde. Dieser Rum sollte auf gar keinen Fall getrunken werden: Es besteht Lebensgefahr!

Hinweis:  Der untersuchte Rum wurde künstlich mit Methanol auf einen Gehalt von 16 Vol.-% gestreckt. Der Ethanolgehalt betrug 24 Vol.-%.
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Bedienung des Mira M-3

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(Z)-Hex-3-en-1-ylacetat (Verdural) ist ein flüchtiger grüner Blattduftstoff, der bei mechanischer Verletzung von Pflanzenteilen frei wird. Blattduftstoffe wirken fungizid (töten Pilze ab) und bakterizid (töten Bakterien ab). Im weiteren schrecken sie Fressfeinde, hauptsächlich Insekten ab. (Z)-Hex-3-en-1-ylacetat ist eine farblose, kräftig nach grünen Früchten riechende Flüssigkeit. Die Verbindung wird in der Größenordnung von 100 bis 1000 Tonnen pro Jahr als Duftstoff verwendet. Industriell wird sie durch säurekatalysierte Veresterung von Essigsäure und (Z)-3-Hexenol hergestellt. Sowohl das (Z)- wie auch das (E)-Isomer werden als Aromastoffe verwendet und sind in der EU für Lebensmittel zugelassen.  

Sandro Schüssler von der Kantonsschule Alpenquai Luzern stellte 2024 in seiner Maturaarbeit ein Parfum mit dem selbst synthetisierten Blattduftstoff «Verdural» als Herznote her. Er veresterte dazu Essigsäure und (Z)-Hex-3-en-1-ol mittels Mikrowellensynthese. Diese weist gegenüber der klassischen Synthese mit längerem Rückflusskochen einige Vorteile wie eine Beschleunigung der Reaktionsgeschwindigkeit oder minimalen Energieverbrauch auf. Sandro verglich die säuren- und basenkatalysierte Synthese bezüglich Ausbeute und Qualität. Nach der Reinigung der Produkte erfolgte eine Qualitätsprüfung mit Hilfe von Dünnschichtchromatografie, Infrarot- (https://creator.hosted-pageflow.com/revisions/688921#353435220) Raman- und ¹H-NMR-Spektroskopie.
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Vergleicht man die Spektren des gereinigten basen-katalysierten Produkts (grünes Spektrum) mit dem gekauften Reinstoff (Z)-Hex-3-en-1-ylacetat (rotes Spektrum), sieht man bei gleicher Laserstärke und Integrationszeit eine sehr gute Übereinstimmung. Nach dem Trocknen des Produkts mit Natriumsulfat gleichen sich die Spektren nochmals deutlich an. Das basenkatalysierte Produkt weist eine hohe Reinheit auf.

Die Raman-Spektroskopie mit dem säurekatalysierten Produkt ergab leider keine eindeutigen Ergebnisse. Dies war auf die Verfärbung und leichte Trübung des Produkts zurückzuführen.
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Ein Gäransatz mit Traubensaft kann fraktionierend destilliert werden. Welche Alkoholkonzentrationen weisen die einzelnen Fraktionen auf?  Enthält der Vorlauf giftiges Methanol? 
 
Die Raman-Spektroskopie liefert Antworten.
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Wie viele Zuckerwürfel sind in einem Liter eines Süssgetränkes enthalten? Können wir mit der Raman-Spektroskopie den Zuckergehalt bestimmen? Führen IR-Spektroskopie und Dichtemessung zum gleichen Ergebnis?

Fragen über Fragen, die alle auf Antworten warten.
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Lavendelöl kann aus den Blüten beispielsweise durch Wasserdampfdestillation oder Extraktion mit Lösungsmitteln gewonnen werden. Unterscheiden sich die Produkte? Ist die Nase gleich empfindlich wie das Raman-Spektrometer? Ist dein selbst hergestelltes Öl qualitativ ebenso hochwertig wie gekauftes?

Beantworte deine Fragen mit Hilfe des Raman-Spektrometers.
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